Nachdem europäischer Integration jahrzehntelang eine untergeordnete Bedeutung im Par-teienwettbewerb zugekommen war, haben sich nationale Parlamente inzwischen vielerorts zu „Arenen der Politisierung der EU“ entwickelt. Gemeint ist damit, dass Aspekte der Europapolitik häufiger, öffentlichkeitswirksamer und vor allem kontroverser zwischen Regierung und Opposition behandelt werden als noch zu Beginn des Integrationsprozesses. Ein wesentlicher Grund dafür liegt in den Wahlerfolgen euroskeptischer Parteien, die heute in den Parlamenten der meisten Mitgliedstaaten vertreten sind und etablierte proeu-ropäische Kräfte herausfordern, indem sie Fehlentwicklungen der europäischen Integration benennen und Anträge gegen weitere Integrationsmaßnahmen einbringen. [---] Ein wesentlicher Bestandteil von Oppositionsarbeit besteht darin, sich in Plenardebatten und bei Abstimmungen gegenüber der Politik der Regierung zu positionieren. Dabei bewegen sich Abgeordnete in einem Spannungsfeld zwischen Kooperation und Konkurrenz, müssen also stets abwägen, ob sie Regierungsvorlagen zustimmen, diese ablehnen oder sich enthalten. Einer Auswertung namentlicher Abstimmungen im Bundestag, die allerdings nur einen Bruchteil aller Abstimmungen ausmachen, lässt sich entnehmen, dass das Oppositionsverhalten je nach Wahlperiode und Regierungszusammensetzung erheblichen Schwankungen unterliegt. [---]