Das römische Recht ist die Grundlage der meisten europäischen Zivilrechtsordnungen. Die Grundlage der Kenntnis vom römischen Recht hat der oströmische Kaiser Justinian im 6. Jh. n. Chr. gelegt. Der Beitrag analysiert Justinians Verhältnis zu dem von ihm ausgewerteten Material. Es geht um eine Erklärung für den auf den ersten Blick widersprüchlichen Befund, dass Justinian mit seinem Gesetzeswerk Rechtssicherheit und Harmonie in der Rechtsordnung stiften wollte, und zugleich die widerstreitenden Ansichten der Juristen in seine Kodifikation aufgenommen hat. Das Selbstverständnis Justinians, in einem zeitlichen Kontinuum von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eingeordnet zu sein und zu agieren, spielt eine entscheidende Rolle.