Gut zwanzig Jahre nach Erlass der E-Commerce-Richtlinie hat die Europäische Kommission am 15.12.2021 einen Verordnungsvorschlag für einen Digital Services Act vorgelegt, der die Verantwortung von Diensteanbietern der Informationsgesellschaft neu bestimmen soll. Die Initiative ist zu begrüßen, da sich Geschäftsmodelle der Informationsgesellschaft in den letzten zwanzig Jahren explosionsartig entwickelt haben und die Mitgliedstaaten darauf mit zunehmenden einzelstaatlichen Regulierungsbestrebungen reagieren. Der von der Kommission vorgelegte Vorschlag ruht auf zwei Säulen: Erstens, der Haftungsprivilegierung von Diensteanbietern für die Vermittlung rechtswidriger Inhalte Dritter; zweitens, zahlreichen Sorgfaltspflichten der Diensteanbieter für die Gestaltung einer rechtskonformen Informationsgesellschaft. Der Regulierungsansatz ähnelt dabei jenem der Datenschutz-Grundverordnung: nationale Aufsichtsbehörden, eine hohe Bedeutung der Selbst- und Co-Regulierung sowie hohe Bußgelder. Der Verordnungsvorschlag lässt die E-Commerce-Richtlinie grundsätzlich intakt, übernimmt allerdings als erste Säule das "Herzstück“ der E-Commerce-Richtlinie. Dies bedeutet, die gegenwärtig in Art. 12 bis 15 ECRL geregelten Haftungsprivilegien werden in den Digital Services Act transferiert. Wie bisher stellt das Unionsrecht damit Diensteanbieter der Informationsgesellschaft von einer eventuellen Haftung für die Vermittlung konkreter rechtswidriger Inhalte Dritter weitgehend frei. Dies ist zu begrüßen. Allerdings sollte der Verordnungsgeber im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Chance ergreifen, Unklarheiten der gegenwärtigen Rechtslage zu beseitigen sowie einige Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zu korrigieren. [---]