Vor dreißig Jahren sah es so aus, als habe sich die Verfassung als Mittel zur Legitimierung und Regulierung politischer Herrschaft universal durchgesetzt. In vielen Teilen der Welt mündete die Überwindung autoritärer, diktatorischer, militärischer oder rassistischer Regime in neue oder modifizierte Verfassungen auf demokratischer Grundlage. Aber nicht nur die Verfassung, sondern auch die Verfassungsgerichtsbarkeit als Mittel, dem Anspruch der Verfassung Achtung zu verschaffen, breitete sich aus. In den Verfassungen, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, besonders nach 1989, entstanden, gehörten Verfassungsgerichte oder Gerichte mit verfassungsrechtlichen Kompetenzen zum Standard, der nicht unterschritten werden durfte, wenn man es mit der Verfassung ernst meinte oder zumindest diesen Anschein erwecken wollte. [---]