Nach einer Formulierung Gerald Cohens sind moderne Eigentumsordnungen „complex structures of freedom and unfreedom“. Mit der Berechtigung, die die Anerkennung von Privateigentum der Eigentümerin verleiht, geht die Verpflichtung aller anderen, auch in ihrer gesellschaftlichen Verbindung als Staat, einher, den grundsätzlichen Ausschließlichkeitsanspruch von Nutzung und Wert zu respektieren. Umgekehrt aber kann Eigentum auch zu Verpflichtungen führen, etwa zu Gefahrenabwehr- oder Abgabepflichten. Diese darf der Staat aktivieren, er darf und muss das Eigentum mit anderen Interessen in Ausgleich bringen und er darf unter bestimmten Bedingungen auf Eigentumspositionen zugreifen. Ist das Privateigentum als Ordnungsprinzip in praktisch allen modernen Verfassungsordnungen anerkannt, zeigen sich in der spezifischen Austarierung von Freiheit und Unfreiheit unterschiedliche „Spielarten des Kapitalismus“. Ihr Vergleich und ihre Annäherung, auch mit Blick auf eine internationale Strukturbildung, ist Gegenstand einer „Global Debate over Constitutional Property“ [---]
In the context of on-going discussions to strengthen the European Parliament's integrity, independence and accountability, this is one in a set of publications in which the European Parliamentary Research Service will analyse relevant international and European standards relating to parliamentary ethics, as well as the rules and practices put in place in selected EU Member States to promote the principles of transparency, accountability and integrity within their national parliaments. Various international organisations consider financial disclosure to be a key tool in preventing and addressing corruption and conflicts of interest among parliamentarians. This paper compares financial disclosure obligations in national parliaments around the world, including in the European Union; and then examines the various proposals that have already been put forward in the European Parliament to modify the current reporting obligations imposed on its Members.
Uuringu lisa Examples of forms used in national parliaments (286 lk) saab lugeda siit.
The EU general principle of effective judicial protection is the epitome of the EU liberal-constitutionalism. The creative force of this principle has emerged, among others, in connection with the protection of the rule of law and the introduction of procedural guarantees both at the national and EU level. It is well established that effective judicial protection stems from the ECHR and the constitutional traditions common to the Member States. While existing scholarship has explored the influence of the ECHR over the development of this principle, less attention was paid to the impact of constitutional traditions from the Member States. Yet, exploring the role of constitutional traditions in shaping effective judicial protection, the primus inter pares among the general principles of EU law, goes at the heart of the conundrum of the EU: the latter is an autonomous legal system, which is inevitably shaped by the legal concepts and traditions existing in the Member States. This exploration is particularly timely. Some Member States affected by the rule-of-law backsliding have recently invoked constitutional traditions on judicial protection to delimit the application of EU standards of effective judicial protection, thus questioning the relationship between the EU principle and national conceptions of judicial protection.
Euroopan komissio julkaisi syyskuussa 2022 esitykset uudeksi tuotevastuudirektiiviksi (jäljempänä TVDE) ja direktiiviksi tekoälyjärjestelmien aiheuttamiin vahinkoihin liittyvistä säännöistä (jäljempänä AIVDE). Esitykset ovat osa prosessia, jossa EU-oikeutta pyritään mukauttamaan uusiin teknologisiin kehitysaskeliin. EU:n nykyinen tuotevastuusäädös, direktiivi 85/374/ETY, on peräisin 80-luvulta. Sitä ei ole koettu kaikilta osin selkeäksi ja oikeudenmukaiseksi. Huomiota on enenevästi kiinnitetty myös siihen, että monimutkaista teknologiaa edustavat ja esimerkiksi tekoälyä sisältävät tuotteet voivat muodostaa sääntelyn soveltamisessa ongelmia. Hyödyllisten tekoälysovellusten turvallisen käyttämisen tukeminen on vuosia ollut EU-lainsäätäjän agendalla. Tiedossa on myös ollut, että EU-tasolla harkitaan toimia tekoälyyn liittyvien vahingonkorvaustapausten sääntelyn suhteen, jotta jäsenvaltioissa ei syntyisi erilaisia sääntelyratkaisuja, jotka vaikeuttaisivat sisämarkkinoiden toimintaa. Tässä kirjoituksessa tarkastellaan esityksiä ja nostetaan esiin joitakin huomionarvoisia seikkoja. Tarkoitus ei ole käydä perusteellisesti läpi esitysten kaikkia yksityiskohtia. Tätä kirjoitettaessa lopullisia sääntelyesityksiä ei ole annettu; kommentit perustuvat ensimmäisiin julkaistuihin versioihin.
Trotz vielstimmiger rechtspolitischer Bekenntnisse zur wichtigen gesellschaftlichen Funktion von Hinweisgebern und einer wachsenden Zahl von Schutzvorschriften hat Europa noch keine einheitliche Haltung zum Whistleblowing gefunden. Vielen gilt der Whistleblower nach wie vor als dubiose Gestalt, Denunziant, wahlweise geldgierig oder rachsüchtig. Höchste Zeit also, dass der EGMR gemeinsame Mindeststandards bekräftigt und für transnationale Kontexte, in denen auch divergierende nationale Interessen eine Rolle spielen, präzisiert. Der Beitrag analysiert das Grundsatzurteil der Großen Kammer in der Rechtssache Halet, beleuchtet dessen Konsequenzen für den laufenden Gesetzgebungsprozess in Deutschland und arbeitet sowohl die Fortschritte der neuen Leitlinien als auch die weiterhin bestehende Disparität der Rechtslandschaft heraus.
Der Beitrag zeigt, dass sich die gegenwärtige Desinformationsregulierung in der EU nur erschließen lässt, wenn man private, ko-regulative und klassisch-hoheitliche Normen ganzheitlich in Blick nimmt. Das heikle Feld der Desinformation wird zu einem erheblichen Teil jenseits des Gesetzes beackert. Die hiermit aufgeworfenen Fragen sind weitgehend ungeklärt.
Der Schengen-Raum als sichtbarste Ausprägung der immer engeren Union zwischen den Mitgliedstaaten wurde 1985 als zwischenstaatliches Projekt von nur fünf Mitgliedstaaten ins Leben gerufen. Allen Herausforderungen zum Trotz ist er über die Jahre gewachsen, wurde vertieft und umfasst mittlerweile 27 Länder. Aktuell ist im Dezember 2022 Kroatien beigetreten, während Rumänien und Bulgarien vom Rat die Aufnahme verweigert wurde. Obwohl der Schengen-Raum als eine der größten Errungenschaften der europäischen Integration angesehen wird und seine grundlegende Rolle im Zusammenhang mit dem Aufbauwerk der Europäischen Union unbestritten ist, wird er seit der Millenniumswende durch eine Reihe von Krisen und Herausforderungen wiederholt auf den Prüfstand gestellt, so dass die Kommission immer wieder zu Nachbesserungen insbesondere beim Schengener Grenzkodex gezwungen wurde. Nunmehr einigte sich der Rat der Europäischen Union am 10.6.2022 auf eine allgemeine Ausrichtung zu dem Vorschlag der EU-Kommission zur Überarbeitung des Schengener Grenzkodex, der in Verhandlungen mit dem EU-Parlament weiter beraten werden soll. Der nachfolgende Bericht zeichnet die bisherige Entwicklung nach, deren Endergebnis noch nicht abzusehen ist.
■ Mit zwei Beschlüssen (ZD 2022, 349 und ZD 2022, 706) hat das VG Wiesbaden dem EuGH mehrere Fragen zur Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten aus öffentlichen Insolvenzregistern vorgelegt. Das Gericht bezweifelt, dass die Speicherung solcher Daten durch Wirtschaftsauskunfteien „ohne konkreten Anlass“ mit Art. 7 und 8 GRCh vereinbar ist und dass die Verarbeitung auf Basis „berechtigter Interessen“ erfolgen darf. Die Vorlagefragen stellen eine in der deutschen Auskunfteienbranche etablierte Praxis, die von der Rechtsprechung bislang in weiten Teilen geduldet wurde, grundlegend in Frage. Der vorliegende Beitrag zeigt auf, dass sich aus der bestehenden EuGH-Judikatur Lösungen für diese umfangreich diskutierte Problemstellung entwickeln lassen.
■ In two decisions (ZD 2022, 349 and ZD 2022, 706), the Administrative Court of Wiesbaden (VG Wiesbaden) referred several questions to the ECJ on the authorisation of the processing of personal data from public insolvency registers. The court doubts that the storage of such data by credit agencies „without specific cause“ is compatible with Art. 7 and 8 CFR and that the processing may be carried out based on „legitimate interests“. The questions referred fundamentally call into question an established practice in the German credit agency sector, which has been largely tolerated by the courts up to now. This article shows that solutions to this widely discussed problem can be developed from the existing ECJ case law.
Künstliche Intelligenz kann zukünftig zur Steuerung des Straßenverkehrs eingesetzt werden. Ein solcher Einsatz hat das Potential, den Verkehr zugleich ökonomisch effizienter als auch ökologisch nachhaltiger zu gestalten. In rechtlicher Hinsicht sind insbesondere Anforderungen des Datenschutzsrechts als auch spezifische Vorgaben für den vollständig automatisierten Erlass von Entscheidungen (z.B. § 35a VwVfG, § 22 DSGVO) zu beachten. Es zeigt sich, dass der Einsatz entsprechender Systeme in zulässiger Weise gestaltet werden kann, aber der parlamentarische Gesetzgeber zunächst eine spezifische Rechtsgrundlage für den Einsatz zu schaffen hat.
This article is a taxonomy of laws used by ‘unfree’ and ‘partly free’ countries to regulate social media platforms and their users. While there are many older laws that can have an effect on social media usage (such as laws on defamation, sedition, and terrorism as well as laws regulating the journalism industry) and some older pieces of legislation will be discussed, the focus of this article will be on regulations that specifically reference social media or the internet. It will explore two categories of regulations, each of which are subdivided into two types of legislation. The first category concerns laws that are targeted at social media users and is divided into laws that regulate the conduct of users and laws designed to dissuade people from using social media. The second category examines laws that are targeted at social media platforms (as opposed to their users) and first considers substantive regulations before moving on to look at procedural regulations. This article attempts to capture the complex interactions between public and private actors. This article also tries to shed light on the morass of local laws that platforms must navigate in order to maintain access to an ever-growing number of jurisdictions.
Politische Werbung hat eine elementare Bedeutung für den demokratischen Meinungs- und Willensbildungsprozess. Mit Hilfe von Microtargeting können politische Akteure maßgeschneiderte politische Werbung an ein spezifisches Zielpublikum richten. Dabei zeichnet sich die Technik des Microtargeting durch eine hohe Steuerungskraft aus. Gleichzeitig bleibt ihr Einsatz den Adressaten zumeist verborgen, was eine Diskontierung der personalisierten Werbebotschaften nahezu unmöglich macht. Das Microtargeting politischer Werbung gefährdet die Integrität demokratischer Prozesse, worauf auch aktuelle empirische Erkenntnisse hinweisen. Eine Problemanalyse aus der Perspektive des Demokratieprinzips ergibt einen Regulierungsbedarf zur Sicherung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung, den die derzeit geltenden Regelungen nicht hinreichend zu befriedigen vermögen. Im November 2021 veröffentlichte die Europäische Kommission – als Teil ihres Europäischen Aktionsplans für Demokratie und im Kontext des Digital Services Act sowie des Digital Markets Act – den Vorschlag einer Verordnung über Transparenz und Targeting politischer Werbung. Ausgehend von der demokratischen Problemanalyse bewertet dieser Beitrag die Regelungsvorschläge und entwickelt ergänzende Regulierungsansätze.
Mehr als fünf Jahre ist es her, seit die Regelungen über den vollautomatisierten Verwaltungsakt (u.a. § 35a VwVfG, § 31a SGB X und § 155 Abs. 4 AO) in Kraft getreten sind. Zahlreiche hierdurch aufgeworfene Rechtsfragen sind seither bereits umfangreich diskutiert und zu großen Teilen auch zufriedenstellend beantwortet worden. Die folgenden Überlegungen verstehen sich daher weniger als weiteren Beitrag zu diesen Spezialdiskussionen denn als Versuch, die Regelungen über den vollautomatisierten Verwaltungsakt in einen größeren systematischen Zusammenhang zu stellen und an den grundlegenden Zielkonflikt zu erinnern, den sie aufzulösen suchen. So soll der Frage nachgegangen werden, inwiefern es dem Gesetzgeber gelungen ist, einen Ausgleich zwischen Effizienz- und Rechtsschutzgebot herzustellen.
Societal speech activities are increasingly conducted online, and therefore free speech concerns focus on the digital sphere. Major online service platforms operate speech-moderation practices that constrain digital speech. These platforms are run by a few multinational corporations – the so-called online giants. Online giants, in fact, control the backbone of democracies on a global scale. This article stresses a potential legal path to appropriately regulating digital speech, while preserving the free and thriving global digital culture. The argument introduced here is that the online giants should, to a certain extent, emulate global organizations, and since they control an essential public utility, they should operate under basic administrative legal norms that include accountability, transparency, giving reason, and objective review. To this end, the article inspects the global administrative law movement and proposes to extend its overarching conceptualization of global public procedural principles facilitating “good governance” to the online giants’ procedures, despite their private ownership.
Internationale Verbindungen stellen immer Herausforderungen dar, bergen aber auch große Chancen. Betrachtet man verschiedene Länder, so fallen einem meist auf den ersten Blick deutliche Unterschiede im Bereich des Güter- und Personenverkehrs auf. Diese Unterschiede sind teilweise kulturell gewachsen, können aber auch schlicht auf tatsächlichen Gegebenheiten beruhen. Aber wie groß sind diese Unterschiede tatsächlich? Mit dem Projekt der Rad Baltica soll eine Zugverbindung geschaffen werden, welche die Städte Helsinki (Finnland), Tallinn, Pärnu (Estland), Riga (Lettland), Pancvözys, Kaunas, Vilnius (Litauen) über Bialystok und Warschau (Polen) an das europäische Infrastrukturnetz anbindet. Wie unterschiedlich sind dabei die rechtlichen Dimensionen bei der Umsetzung solcher Großprojekte wirklich? Gerade im Bereich der Bauplanung von Teil- oder Gesamtgebieten eines Landes sollten bestehende Differenzen recht deutlich werden. Verstärkt werden diese auch durch das jeweilige Staatsverständnis. Wie insoweit eine »Angleichung« vorgenommen werden kann und wie dies in der Praxis aussieht, soll an der vielfach als »Jahrhundertprojekt« bezeichneten Integration der baltischen Staaten an das europäische Schienennetz verdeutlicht werden, dein Großprojekt Rail Baltica. Die Vorteile dieses Projekts liegen dabei vor allem in dem zu erwartenden wirtschaftlichen Aufschwung und der Vereinheitlichung von Schienenstandards. Dabei dient die Vereinheitlichung des Schienenstandards vorrangig dazu, eine direkte Anbindung der baltischen Staaten an Europa zu ermöglichen, wobei eine zweigleisige, elektrifizierte Hochgeschwindigkeitsstrecke geschaffen werden soll. Hierbei stellt sich das Transportwesen als eines der derzeit wirtschaftlich größten und drängendsten Themen dar. Bereits seit Mitte der 90er Jahre gab es Überlegungen zum Bau einer pan-baltischen Verbindung. Das »Jahrhundertprojekt« Rail Baltica - objektiver ausgedrückt das größte Infrastrukturprojekt der letzten 100 Jahre bzw. auch eines der wichtigsten Projekte der kommenden Jahre - macht Abstimmungen zwischen den Ländern notwendig und ist teilweise auch von regionaler Bedeutung. Wie lief dabei die Planungs- und Abstimmungsphase konkret ab? Der Aufsatz gibt einen Einblick in die Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Bereich der Raumplanung anhand der Rail Baltica, wobei besonderes Augenmerk auf die entsprechenden institutionellen Diskrepanzen gelegt wird.
Open-Book-Prüfungen fanden erst mit der Corona-Pandemie in großem Umfang Einzug in die deutschen Universitäten. Viele Detailfragen im Rahmen der Durchführung sind daher bisher nur wenig beleuchtet worden, so etwa das Vorgehen bei Verdachtsfällen mit unlauterem Prüfungsverhalten. Der Beitrag liefert konkrete Anhaltspunkte für die Einzelfallprüfung und analysiert die Durchschlagskraft verschiedener Tatbestandsvarianten und Sanktionsregime. Im Ergebnis wird aufgezeigt, warum die Verantwortlichen auf Open-Book-Prüfungen verzichten sollten und neben den klassischen Präsenzprüfungen Take-Home-Exams mit konkreten und umfassenden Zitationspflichten vorzugswürdig sind.
Die strategische Verbreitung von Hassrede auf Messengern besonders zu Wahlkampfzeiten zeigt, dass Regulierungsansätze die Konvergenz zwischen digitalen Medien adressieren sollten. Binnen kurzer Zeit hat sich die Verbreitung von Hassrede mehr und mehr auf Messenger verlagert. Da Hassrede nicht nur Individualrechtsgüter, sondern auch die Demokratie schädigen kann, sind inhaltsneutrale Regulierungsansätze zu erwägen. Diese knüpfen – anders als das NetzDG und das sog. Digitale-Dienste-Gesetz auf Unionsebene – an die Technik schneller und weiträumiger Verbreitung statt an Meinungsinhalte an. Der Beitrag zeigt Leerstellen bisheriger, an Leitbildern und dem subjektiven Rechtsschutz orientierter Regulierungstechnik auf und regt dazu an, alternative Möglichkeiten näher zu untersuchen.
The expansion of the digital economy is raising important ethical questions about the use, governance and regulation of information technologies like big data and artificial intelligence (AI). The specificities of the rapidly evolving digital economy, outlined below, are fueling the need to find new philosophical principles to inform the development of effective digital governance policies.
Nachfolgend gilt es zunächst, die Figur des vollständig automatisierten Verwaltungsakts systematisch zu verorten und seine einfachgesetzlichen Grundlagen zu skizzieren. Im Anschluss sind die Rahmensetzungen des EU-Rechts dahingehend zu befragen, inwieweit hieraus eine Pflicht zur Einführung vollautomatisierter Verwaltungsakte resultiert oder - gerade umgekehrt - Schranken für seine Etablierung statuiert werden. Einen weiteren Schwerpunkt bildet sodann die systematische Entfaltung verfassungsrechtlicher Implikationen der neuen Rechtsfigur, die grundlegende Fragen im Hinblick auf das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip aufwirft. Ein abschließendes Fazit bringt die auf den unterschiedlichen Ebenen gewonnenen Erkenntnisse nochmals auf den Punkt.
■ Die kollektivrechtliche Verfolgung von Verstößen gegen das Datenschutzrecht rückt nicht zuletzt auf Grund europarechtlicher Vorgaben und der Etablierung von privaten Rechtsdienstleistern immer mehr in den Fokus der anwaltlichen Praxis. Ob und unter welchen Voraussetzungen datenschutzrechtliche Vorschriften mit den Mitteln des kollektiven Rechtsschutzes durchgesetzt werden können, war und ist indes häufig umstritten. Der Beitrag zeigt die wesentlichen Anwendungsfälle unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechungsentwicklungen auf und gibt einen Ausblick auf bevorstehende Änderungen auf Grund der Umsetzung der EU-Verbandsklagenrichtlinie, die u.a. die Einführung einer kollektiven Schadensersatzklage vorsieht.
■ The collective legal prosecution of data protection law violations is increasingly becoming the focus of legal practice, not least because of European law requirements and the establishment of private legal service providers. Whether and under what conditions data protection regulations can be enforced by means of collective legal protection, however, was and is often disputed. The article shows the most important use cases, considering the latest developments in case law, and provides an outlook on upcoming changes arising from the implementation of the EU Directive on representative actions, which inter alia provides for the introduction of a collective action for damages.
The interpretation of planning policy is important in English planning law both in theory and in practice but, nevertheless, it is under-examined in the literature. This article focuses on the question of the appropriate role of the court in relation to planning policy. Judges have an important role in promoting a consistent approach to policy, such that the guiding function of policy is enhanced. However, the distinction which is drawn between the interpretation and application of policy is too simplistic, as is a binary distinction between ‘broad’ and ‘specific’ planning policies. A better approach is to recognise that there are four types of questions which arise in the interpretation of policy, which this article sets out to explain.
Die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit wird in den juristischen Fachdisziplinen vielfach diskutiert. Diese Diskussionen behandeln häufig spezifische Probleme bei der Anwendung des Verantwortlichkeitskonzepts. Strukturelle Fragen rund um dieses Thema wurden bisher nur selten untersucht. Der folgende Beitrag identifiziert das Verantwortlichkeitskonzept als integrierendes, mehrdimensionales Konzept und untersucht die Bedingungen dieser integrierenden Wirkung.
■ Seit Geltung der DS-GVO müssen Verantwortliche ihre gesetzlichen Pflichten zum Schutz personenbezogener Daten nicht nur erfüllen, sondern sie müssen dies auch nachweisen können. Geeignete Mittel zur Umsetzung dieses Accountability-Prinzips sind Datenschutzmanagementsysteme. Doch wie misst man deren Effektivität? Wie lässt sich nachweisen, dass die in der Organisation etablierten Datenschutzprozesse so funktionieren, wie sie es sollen? Wie kann man Schwachstellen erkennen und das Datenschutzmanagementsystem effektiv steuern und optimieren? Der vorliegende Beitrag nähert sich dieser Frage aus zwei Perspektiven: Aus quantitativen Indikatoren können Schlussfolgerungen hinsichtlich des Erfolgs der getroffenen Maßnahmen gezogen werden; Methoden zur Messung der Prozessreife ermöglichen es abzuschätzen, wie reproduzierbar das erwünschte Ergebnis bei der wiederholten Bearbeitung gleichartiger Sachverhalte erreicht wird und ob der Prozess ständig verbessert wird. Beide Ansätze greifen ineinander und schaffen gemeinsam die Informationslage, mit der Verantwortliche nicht nur Rechenschaft gegenüber externen Stellen (zB Aufsichtsbehörden, Kontrollgremien oder Kunden) ablegen, sondern ihre Datenschutz-Compliance auch selbst kontinuierlich messen, steuern und optimieren können.
■ Since the GDPR came into force, data controllers must not only comply with their legal obligations to protect personal data, but they must also be able to prove it. Suitable means for implementing this accountability principle are data protection management systems. But how do you measure their effectiveness? How is it possible to prove that the data protection processes established in the organisation are working as they should? How can weak points be identified and the data protection management system effectively controlled and optimised? This article approaches this question from two perspectives: Quantitative indicators can be used to draw conclusions regarding the success of the measures taken; methods for measuring process maturity make it possible to assess how reproducibly the desired result is achieved in the repeated processing of similar circumstances and whether the process is constantly being improved. Both approaches are intertwined and together provide the information necessary for controllers not only to be accountable to external bodies (e.g., supervisory authorities, control bodies or customers), but also to continuously measure, control and optimise their own data protection compliance.
Obwohl in der deutschen Gesellschaft nach wie vor die Solidarität mit der Ukraine dominiert, melden sich seit Beginn des Angriffskriegs auch prorussische Stimmen zu Wort. Der Beitrag untersucht die rechtlichen Grenzen, denen prorussische Versammlungen in Bezug auf gezeigte Symbole, das Wiederholen von Kriegspropaganda, die Leugnung von Genozid, Kriegs- und Menschlichkeitsverbrechen und die Art ihrer Durchführung unterliegen, und fragt nach dem Zusammenhang dieser Grenzen mit dem Gedanken der wehrhaften Demokratie. Der im Dezember 2022 in Kraft getretene neue Straftatbestand der Leugnung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen (§ 130 Abs. 5 StGB) bringt dabei Bewegung in das Feld.
Die Folgen rechtswidrigen Staatshandelns sind teils schonsprichwörtlich unklar. Der Beitrag fragt nach den Hintergründendieser Unklarheiten und veranschaulicht sie anhand aktueller Fälle aus verschiedenen Bereichen des öffentlichen Rechts. Vorgeschlagen wird dann, die Folgen staatlicher Rechtsverletzungen mit einem Ansatz zu klären, der nach Verletzungsreaktionen fragt und damit eine Zwischenschicht zwischen Rechtsverletzung und Rechtsdurchsetzung konturiert. Dieser reaktionsrechtliche Problemzugriff liefert analytische Kategoriebildungen, mit deren Hilfe das geltende Recht besser verstanden und viele Streitfragen überzeugend gelöst werden können.
Artikkelissa tarkastellaan kriittisesti ajatusta, ettei hallintoprosessissa ole eikä voi olla prekluusiota. Kirjoittajan mukaan prekluusio on oikeudenmukaisen oikeudenkäynnin yleisprosessuaalinen osa ja sillä on modernin oikeudenkäynnin kulkua turvaavia ja selkeyttäviä tehtäviä. Prosessilajilla on kuitenkin vaikutusta prekluusion voimakkuuteen ja ilmenemismuotoihin. Tutkimuksessa kysytään, miten hallintoprosessissa suhtaudutaan uuteen oikeudenkäyntiaineistoon ja millaisissa muodoissa prekluusio ilmenee hallintoprosessissa. Millaisia näkökohtia hallintoprosessilain preklusiivisten säännösten soveltamisessa on otettava huomioon? Prekluusiolla on tärkeitä funktioita, mutta siihen liittyy myös riskejä.
Even though they represent almost 50% of all reported cases before the European Court of Human Rights (ECtHR), settlements of human rights violations escape scholars’ attention. While victims are increasingly expected to resolve their disputes amicably, it is unclear whether applicants will be better off accepting settlement offers rather than proceeding to litigation. The article charts the practice of friendly settlements before the Court from the 1980s to today, mapping a shift in approach from seeking bilateral solutions to the proactive role of the Registry as mediator encouraging states and applicants to settle their cases to relieve the Court of the heavy workload. The study of 10,500 cases reveals how strategies adopted by the Registry – from procedural changes to how and when consent is given to settlement, to the framing of settlement offers, and a close relationship with representatives of the respondent state – have favored the most frequent violators of the European Convention on Human Rights and sidelined the interests of the applicant. The analysis uncovers that the imbalance between parties and lack of enforcement are very much present in the ECtHR settlement system and that the active role of the Registry has reinforced, rather than redressed these concerns. The findings expose the dangers of pursuing en masse settlement in the human rights context and raise concerns about achieving long-term justice for victims of human rights violations through other means than adjudication.
The fight against the rule-of-law-backsliding in some European states has seen a significant involvement of supra-national courts. Notably, the European Court of Human Rights (ECtHR) and the Court of Justice of the EU (CJEU) have been tasked with numerous questions on the validity of national measures conflicting with European principles and values. A special feature of the jurisprudence thus developed is the innovative use of interim measures. The rule-of-law backsliding has required the ECtHR and the CJEU to embrace a more liberal and powerful stance towards the employment of these tools, which were used to prevent irreversible damages to European values. Yet, compliance of the states with interim measures issued to withstand the rule-of-law backsliding is overall limited due to two externalities: structural gaps in the enforcement of these measures; and a shift in the legal culture in the European landscape. To solve the ineffectiveness of interim measures the respect and diffusion of European values should be strengthened.
This article analyses the current execution process of ECtHR judgments. It proposes a financial sanction mechanism as one of the means to move implementation forward in the most difficult situations and to exert pressure on non-complying states. The idea is that the Committee of Ministers, as the ancillary to the infringement proceedings, could also request a financial sanction from the ECtHR under a new paragraph of art.46 of the ECHR . This article discusses the design of the new sanction regime. It argues that, to determine the amount of the sanction, the ECtHR should consider the following criteria: the seriousness of the human rights violation, the effects of infringement on the public interest, the duration of non-implementation and the conduct of the Member State concerned. This relatively modest Convention amendment would add financial "sticks and carrots" to the enforcement mechanism.
Among the many legacies left by Rudolf Bernhardt, the significance he attached to the doctrine of the ‘living instrument’ is crucial. Accordingly, the European Convention on Human Rights (ECHR) must be interpreted as evolving and dynamic – as a ‘living’ organism. In this article, I reflect on what it would mean to move from a ‘living constitution’ to a ‘constitution of the living’. To answer this question, I consider what constitutes life itself – which forms of life currently merit legal consideration and care. The argument unfolds in three steps, each tracing a different way in which the protection of life is being reconfigured against the backdrop of ecological and climate change. The first part of the article is devoted to the ‘liberal response’ to ecological threats posed to life, which calls for a recognition of a self-standing human right to a healthy environment to better protect human life. The second part focuses on the ‘critical liberal response’, which advocates granting rights to nature to safeguard nonhuman life. Finally, I explore how the protection of life appears in critical posthumanist, new materialist, and decolonial understandings of liveability. My objective here is not to propose a legal reform of the institutional functioning of the ECHR, but to speculate about how this ‘living constitution’ could ‘constitute the living’ differently. If the metaphor of life acts as a ruling device in the interpretation of the ECHR, only particular life-forms get protected, while others are eclipsed. I therefore think with Bernhardt’s invitation to consider the ‘living’ nature of the ECHR to reconceptualise the protection of life that animates human rights theory and practice today.
The implementation of judgments of the European Court of Human Rights ( ECtHR or the court) is a critical problem that has grown worse over the last 30 years. Non-implementation of ECtHR judgments is a primary cause of the backlog and delay at the court. That backlog is growing worse and it has only been kept in check by limiting the ability of applicants to access the court. This threatens the fairness and reputation of the European Convention on Human Rights System as a whole. The only long-term solution to address this backlog is a comprehensive set of measures designed to improve the implementation of ECtHR judgments and the ECHR at national level. The 4th Summit of the Council of Europe is a golden opportunity to enact a range of additional measures, which are set out in this article.
How do you enable sophisticated artificial intelligence (AI) tools while respecting the privacy and protecting the intellectual property of data assets? A Berlin-based startup believes federated learning provides the answer.
Mit dem Einheitlichen Patentgericht wird am 1. 6. 2023 daserste von EU-Mitgliedstaaten geschaffene internationale Gericht seine Arbeit aufnehmen. Eingeführt wird es durch das europäische Patentpaket. Dessen Geltung wird den Schlusspunkt einer über 50-jährigen Entwicklungsgeschichte bilden,womit es sich um eines der langwierigsten europäischen Reformprojekte handelt. Der Beitrag untersucht das Gerichtund seine Verfahrensordnung, die bereits als „ZPO für Europa“ bezeichnet worden ist.
Reviews the debate over whether the UK patent exhaustion doctrine should be abolished or reformed. Examines early patent exhaustion issues, current US and UK cases on parallel imports and method patents, and why the doctrine should be retained but expanded to encompass international exhaustion.
Nach der im Februar erfolgten Ratifikation des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ) durch die Bundesrepublik wird das Einheitliche Patentgericht (EPG) zum 1.6.2023 seine Arbeit aufnehmen. Seine Rechtsstellung ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert und fügt sich in eine komplexe und verschränkte kontinentale Patentrechtsordnung. Ein Blick auf Strukturen und Herausforderungen zeigt, dass sich aus der Perspektive aller beteiligten Rechtsordnungen alte und neue Fragen stellen, die ein kooperatives Zusammenwirken unumgänglich machen.
With our mobile phone, we can play music on the move, phone a friend halfway around the world, or even print a document. Two important factors have made these things possible. First, impressive advances in technology, and second, the standardization of technology, which ensures our devices are able to communicate with one another. The aim of developing technology standards is to create a seamless and efficient business landscape for the commercialization of these technologies. However, in practice, market inefficiencies often emerge, which can create obstacles to business. Arbitration and mediation offer useful avenues to overcome such obstacles.
The last decade has seen a rapid increase in demand from consumers for
“environmentally friendly” products and services. Climate change and its
impacts – record-setting tsunamis and hurricanes, out-of-control wildfires,
floods and landslides, droughts and scorching temperatures – are driving
demand for goods that are sustainably produced and can be used without
harming the environment. One recent study by Dentsu International and
Microsoft Advertising suggested that over 90 percent of consumers are
interested in brands that are committed to and can demonstrate they are
making sustainability a priority. It further noted that companies that fail to
implement this as a strategy will face a consumer backlash in the next few
years. Other studies show that well over 50 percent of millennials and Gen Z
consumers will pay more now for such goods. Offering green goods can
be very good for business.
As far back as the late sixth century BC, the Greek philosopher Parmenides declared, “nothing comes from nothing.” In the digital era, every two or three years now, apparently unprecedented phenomena seem to come from nothing and yet appear to have the power to revolutionize the world and the law. A few years ago, it was Web 2.0, then Cloud Computing, Blockchain and Web 3.0. Over the last year, countless articles have anticipated global transformation through the metaverse and NFTs (non-fungible tokens), fueling interest around the question of whether there is an urgent need for new regulations to adapt to these innovations. In other words, should the law adapt to the metaverse or should the metaverse adapt to the law? For the reasons set out below, the most appropriate response at this stage is the latter.
Examines, using the terms of advance purchase agreements for vaccine supplies during the COVID-19 pandemic, the contractual role of intellectual property rights in limiting or permitting access to protected knowledge, and the rewards for owners of IP rights when the state funds the technological development.
The effect of digital piracy is often framed as a creator having to compete against unauthorized copies of their own creation, despite intellectual property rights laws. This framing has empirical and theoretical support, but the empirical findings often suggest that the magnitude and even sign of piracy effects depend on the characteristics of the software and the market. For example, piracy seems to have a larger negative effect on sales of high-profile works, but a smaller and perhaps even positive effect on lesser-known works. This paper seeks a theoretical explanation of differential piracy effects. It is unique in that it gives considerable focus to the market size, and also to budgetary limitations of the consumer base, motivated by high piracy rates in developing countries. The models imply that piracy is more likely to help developers when the market for the software is smaller; when network effects are neither too weak nor too strong; when piracy is neither to accessible nor too inaccessible; when the cost of piracy is relatively homogeneous; and when the consumer base is not too poor. All things considered, the inclusion of market size, consumer budgets, and heterogeneous piracy costs suggest that piracy is less likely to be beneficial to developers than previous literature suggest. Developer profit may be higher or lower with piracy, but buyer welfare is no worse, and is sometimes better, with piracy.
Cybercrime is a scourge that blights the lives of many around the globe. It has a significant transnational component. Despite established international and national regulation, its growth in scale and breadth persists. One result of which has been increased recourse to transnational and extraterritorial jurisdiction. This is misplaced. There are a number of factors militating against it. The foundations of international law, human rights, the interests of justice, complexity and cost and the underlying purposes of criminalisation conspire to demand a reconsideration of the use of transnational and extraterritorial jurisdiction in the fight against cybercrime. While there are undoubted difficulties attendant to the alternative, enhanced subjective territorial regulation and enforcement, it is undoubtedly the most effective long-term means of fighting cybercrime. The normalisation of transnational and extraterritorial cybercrime jurisdiction should be resisted.
The article looks at the problem of tort liability for a failure to render assistance and compares the legal approaches to this issue. There are no European legal systems that regulate such a duty to render assistance directly in the provisions of private law. This is generally because most of them (with the exception of common law countries) have criminal law provisions that penalize a failure to rescue another person in need of assistance. This raises the question of the impact of criminal law on liability in private law. The paper discusses this issue in detail, accepting the opinion that, in those legal systems where a failure to render assistance is punishable as a criminal offence, the provisions of criminal law should determine the conditions and prerequisites for rendering assistance in private law and establish the boundaries of liability in tort law. In addition, the article aims to present universal guidelines that might be useful for courts in order to establish tort liability in other cases of a failure to render assistance.
Empirical studies on the economic theory of crime have extensively analyzed the importance of the probability of punishment with regard to premeditated criminal activities. Unplanned crimes also occur, however, and this paper will focus on a very serious and widespread example: the hit-and-run road accident. Using police records for every road accident with injuries or mortalities that took place in Italy in the period 1996–2016, we rely on changes in daylight, both when switching between daylight saving time and winter time and across seasons, as an exogenous source of variation affecting the probability of apprehension and find that the likelihood of hit-and-run conditional on an accident taking place increases by around 20% with darkness. Our results suggest that policies increasing the likelihood of apprehension could be effective in reducing hit-and-run.
Using a novel dataset, this paper explores the link between cross-border flows of illicit money and anti-money laundering (AML) regulatory and judicial system regimes. To this extent, we explore the information contained in thousands of suspicious activity reports filed by US banks and recently disseminated within the FinCEN files investigation. For a sample of 106 jurisdictions, we relate money laundering (ML) flows as well as the central role of each country’s banks within the international ML network to several variables capturing the AML regulatory stance and ML enforcement. The results point to the crucial role played by judicial system performance variables in explaining the layering phase patterns observed in the underlying data.
This article reviews and compares the use of confinement and other restrictive measures against young people under 18 in child welfare and/or the criminal justice systems in Denmark, Sweden, Finland, and Norway. Young people are confined for a variety of reasons, including protection, care, treatment, and punishment. However, confinement of young people is a contested issue because it can be viewed as necessary but also potentially harmful. Comparison of legislation and practices reveals that while there are some similarities in the service provisions for young people, there are also significant disparities among the four countries regarding the organization, function, and frequency of the use of confinement and restrictive measures. While Denmark and Sweden use secure welfare institutions, Finland and Norway apply other restrictive measures. Despite the differences in approaches to confinement in the Nordic countries, the use of confinement is guided by the principle of the child’s best interest, and the child welfare system is the main frame for confinement and intervention. The article discusses these disparate practices from the perspective of children’s rights and identifies new avenues for research and practice.
Tässä artikkelissa analysoidaan rikosoikeudellisen virheen merkityssisältöä sekä virheiden minimoinnin normatiikkaa. Tutkimuskysymys on seuraava: Mitä rikosoikeudessa tarkoitetaan virheellä ja kuinka virheiden riskit on pyritty oikeusjärjestyksessä minimoimaan?
Our study draws from a natural experiment created by the school lockdowns in Finland during the 2020 coronavirus disease (Covid-19) pandemic to compare at-school and home-based responses to an online youth crime survey. Using our quasi-experimental design, we examine how at-home responses during the Covid-19 lockdown affected the sample composition and reported prevalence of offences in the nationally representative Finnish Self-Report Delinquency Study 2020 (FSRD-2020) survey (N = 5503). We compare these within-year changes in 2020 to the earlier FSRD-2016 survey (N = 5955) that did not involve a transition to at-home response. According to our analysis, the share of males decreased in remote schooling. We also detected a decrease in reported offences during lockdown (remote school response) in several types of offences, net of observed compositional changes. The findings suggest that at-school data collection helps secure more inclusive samples and encourages students to self-report their offending behaviours.
This study aimed to examine the importance of differentiating between partner violent men in terms of immigrant or native Swedish background, when assessing risk for intimate partner violence (IPV) recidivism. A quantitative design was used with a sample of 1263 alleged male perpetrators reported for IPV-related crimes to the Swedish police. Data consisted of police officers’ risk assessments using the Swedish version of the Brief Spousal Assault Form for the Evaluation of Risk (B-SAFER). Results showed that risk factors such as 'Violent threats or thoughts', and 'Violent attitudes', were more common for perpetrators with an immigrant background. In contrast, risk factors such as 'General criminality' and 'Substance use problems' were more common among native perpetrators. Furthermore, in relation to the importance of specific risk factors for an elevated risk of IPV recidivism, such risk was elevated for perpetrators with a native background when ‘Violent threats or thoughts’, ‘General criminality’ and ‘Relationship problems’ were present. Corresponding factors for immigrant perpetrators consisted of ‘Escalation’ and ‘General criminality’. These results are essential for the police to recognize and understand since only victims in IPV cases with an elevated assessed risk will be eligible for risk management and protective actions.
Climate constitutionalism is a relatively novel legal field that has nonetheless adopted a very distinct character. Picking up on the classical liberal tack, it is marked by a distrust of state power as it relates to climate action or inaction. This is a venerable approach. In his 1967 classic, MJC Vile recounts that the ‘great theme of the advocates of constitutionalism [had been] the frank acknowledgement of the role of government in society, linked with the determination to bring that government under control and to place limits on the exercise of its power’. This mode of distrust has been ported to the climate constitutionalism literature and in particular its focus on adjudication of constitutional rights provisions for climate purposes. This, we argue, is but one aspect of climate constitutionalism that no longer speaks to the needs of the world when we think about the relationship between climate change, the doctrines and institutions of comparative constitutional law, and the underpinning theory of constitutionalism for this relationship. The institutional dimension of the constitutional management of climate change must go beyond courts and rights to processes and institutions in the two political branches of the state. The normative theory of climate constitutionalism – why should climate change be a constitutional subject on a global scale? – should address itself to the matter of how that question can be answered from a wider and more pluralistic set of normative standpoints than simply only liberalism. In other words, how can climate constitutionalism be normatively justified beyond, although not against, liberalism?
Der vorliegende Beitrag zirkuliert mithin um die These, dass sich die Idee der intertemporalen Freiheitssicherung allgemein auf das Umweltrecht, exemplifiziert an der Onshore-Windenergie, ausdehnen lässt, was die aktuelle gesetzgeberische Progression bei der Energiewende verfassungsrechtlich untermauert. Die Verifikation beginnt zunächst am Quell der Thematik, bei dem in Rede stehenden Judikat selbst. Aus dem Klimaschutz-Beschluss werden die für die folgende Untersuchung wesentlichen Elemente extrahiert und analysiert, namentlich die Relationierung von Grundrechten und Ökologie (B. I.), die kontextuale Bedeutung von Art. 20a GG (B. II.) und die intertemporale Dimension der Grundrechte (B. III.). Im Anschluss daran erfolgt die Transposition in das Umweltrecht (C. II.), die zuvor anhand ausgewählter Aspekte der landseitigen Windenergieprojektierung veranschaulicht (C. I.) und dann auf ihre dogmatische Vertretbarkeit überprüft wird (C. III.). Die Erkenntnisse des Transpositionsakts werden schließlich herangezogen, um die gesetzgeberische Aktivität im Bereich der Energiewende (D. I.) abzustützen. Im Fokus steht dabei § 2 EEG 2023 und dessen Normcharakter (D. II.). Ein Fazit fasst die extrapolierten Erkenntnisse zusammen (E.).
In the attempt to lay the foundations for a better understanding of environmental law scholarship, this article offers a local perspective of environmental law scholarship in the UK. Through a study of more than 1,400 articles published in three leading UK environmental law journals over the course of three decades, the article considers the ways in which environmental law scholarship has changed over time by reference to gender and geographical location of authors. The article also interrogates the ways in which the topics of scholarship have changed over time, as well as the extent to which environmental law scholars make use of empirical methods and external sources of funding for their research. Finally, the article explores the extent to which environmental law scholarship is published in generalist law journals.
Public participation in international environmental decision-making can seek to fulfil different goals. This article explains how these goals can affect the design and appraisal of participatory processes and highlights the under-recognised value of law in determining the objectives of public participation in international environmental forums. A doctrinal analysis finds that substantive goals are most prominent in current international environmental law, but that a normative rationale for public participation could be gaining more formal endorsement through the growing legal recognition of linkages between procedural human rights and environmental protection.
This article investigates the implications of the Basel Convention’s amendments on plastics as part of the transition to a more sustainable global plastics economy where plastic wastes are seen as a valuable resource. Key categories of plastics continue to be excluded from the Convention, provided they are destined for recycling in an ‘environmentally sound manner’ (so-called ESM recycling). The exact interpretation of ESM recycling is worthy of attention as the way in which the term is applied reveals much about the kind of plastics economy that the Convention supports, which, as shown here, continues to risk mismanagement of plastic waste abroad. This article finds that, absent sound regulation, there is a need to reimagine the role of the country of export and strengthen its responsibilities to ensure the sound management of plastic wastes abroad.
Die Durchführung einer Leihmutterschaft ist in Deutschland seit mehr als 30 Jahren verboten. Der Koalitionsvertrag der 20. Legislaturperiode sieht eine Überprüfung der derzeitigen Rechtslage vor. Dies bietet Anlass für eine Diskussion möglicher Regulierungsmöglichkeiten der Leihmutterschaft. Etablierte Regelungsmechanismen des Transplantationsgesetzes könnten hier als Vorbild dienen.
Wenn die Versorgungsgüter begrenzt sind, zielt massenmedizinische Versorgung darauf ab, möglichst viele Leben zu retten und Gesundheitsschäden zu vermeiden. Dieses Ziel berührt unweigerlich Fragen der menschlichen Existenz und macht eine Auseinandersetzung mit der Menschenwürdegarantie aus Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG unabdingbar. Dabei steht der Gesetzgeber angesichts der anhaltenden Covid-19-Pandemie vor der Herausforderung, wie medizinische Ressourcen im Falle eines Kapazitätsmangels zu verteilen sind.
Competition investigations start with market definition, which establishes the perimeter of the competitive analysis. In this paper, we focus on the definition of economic markets in the pharmaceutical industry, where the entry of generics in different therapeutic areas provides a sequence of quasi-natural experiments involving a significant competitive shock for the originator producer. We show how generic entry modifies price and non-price competitive constraints over time, generating market-wide effects. Paradoxically, generic entry may soften the competitive pressure for brands other than the originator. We obtain these results by econometrically estimating time-varying price elasticities. We then apply the logic of the Hypothetical Monopolist Test to gauge the strength of competitive constraints under different market structures. Our results provide strong empirical support for an approach that defines relevant markets contingent on the theory of harm. We discuss the relevance of these findings in the context of ongoing cases.
Preußens König Friedrich Wilhelm I hat in seiner „Circularordre an alle Collega und Gerichte“ vom 31.12.1726 die Advokaten dazu verpflichtet, „wollene schwarze Mäntelchen“ zu tragen, „damit man die Spitzbuben schon von weitem erkenne“ (sog. „Spitzbubenerlass“). Goethe hat den durchgreifenden Advokaten demgegenüber für „gottähnlich“ erklärt. Der Autor beschreibt in seiner soziologischen und historischen Betrachtung des Anwaltsberufs den freien Advokaten als für den Rechtsstaat unverzichtbare Figur von ethisch-moralischer Integrität, welche die Sympathien des Publikums seit jeher gespalten hat, wenn sie die ihr anvertraute Aufgabe glanzvoll erfüllt.
Die Videoverhandlung ist geeignet, eine Verfahrensbeschleunigung und Kostensenkung herbeizuführen. Der Referentenentwurf zum Einsatz von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit ua ist daher zu begrüßen, wirft aber einige praktische Fragen auf. Nachfolgend werden unter Beschränkung auf streitige Zivilverfahren die wesentlichen Inhalte des Entwurfs dargestellt.
Der jüngste Fall einer Presseauskunft der Generalstaatsanwaltschaft Berlin zu Vorermittlungen gegen Bundesfinanzminister Christian Lindner gibt Anlass, die Voraussetzungen und Grenzen hoheitlicher Presseauskünfte zu beleuchten. Im Ausgangspunkt soll der strafprozessuale Rahmen staatsanwaltschaftlicher Vorermittlungsarbeit dargestellt werden. Die äußerungsrechtlichen Voraussetzungen für eine hoheitliche Verdachtsberichterstattung werden sodann unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechung untersucht. Abschließend soll der Blick gerichtet werden auf die Folgen rechtswidriger Presseauskünfte der Staatsanwaltschaft für die darauf aufsetzende Berichterstattung der Medien.
Im französischen Verwaltungsprozess ist die Mediation eine Form der gütlichen Streitbeilegung (II.), deren Entwicklung auf zwei ganz unterschiedlichen Achsen verläuft: Auf der einen Seite gibt es die freiwillige Mediation, in deren Rahmen sich die Parteien – mit der Unterstützung des Mediators und gegebenenfalls des Gerichts – wieder einander annähern können (III.). Auf der anderen Seite wird in bestimmten Streitsachen die obligatorisch vorgeschaltete Mediation erprobt, um die große Zahl streitiger Verfahren bewältigen zu können (IV.). Trotz der bisherigen Erfolge und des starken Bestrebens aufseiten des Staates bleibt noch viel zu tun (V.).
Übermäßig hohe Geldstrafen für wirtschaftlich vollkommen überforderte Verurteilte und vor allem das fehlende Problembewusstsein für psychisch Kranke belastet die Vollzugsanstalten. Der Umgang mit derartigen Fällen ist nach derzeitiger Gesetzeslage schwierig und erfordert nach Ansicht der Autoren ein eigenständiges Nachverfahren eigener Art.
Am 21.3.2023 ist das Gesetz zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich im Wesentlichen in Kraft getreten (BGBl. 2023 I Nr. 71). Ziel dieses Gesetzes ist es, die Verfahrensdauer für besonders bedeutsame Infrastrukturvorhaben zu verringern, „ohne hierbei die Effektivität des Rechtsschutzes zu beeinträchtigen“ (BR-Drs. 6040/22 – GE der BReg). Die bedeutsamen Infrastrukturvorhaben sollen schneller umgesetzt werden. Die Beschleunigung der Gerichtsverfahren sei im Hinblick auf die „angestrebte Energiewende mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien, einschließlich der Stromnetze und der verkehrlichen Infrastruktur dringlich“. Der Beitrag erläutert die zentralen Neuerungen und unterzieht sie einer kritischen Würdigung im Hinblick auf ihre praktischen Konsequenzen.
Näytön arvioinnista säädetään oikeudenkäymiskaaren (4/1734, OK) 17 luvun 1 §:ssä, jonka mukaan tuomioistuimen on perusteellisesti ja tasapuolisesti arvioitava todisteiden ja muiden seikkojen näyttöarvo vapaalla todistusharkinnalla, jollei laissa toisin säädetä. Tästä herää kysymys, eikö laissa siten jo ole varsin selvästi vastattu kysymykseen näytön arvioinnista niin, että näyttöä on arvioitava vapaalla todistusharkinnalla, ja eikö oikeusohjeiden antaminen siitä tuomarin harkintavallan rajoittamiseksi ole silloin suorastaan lainvastaista. Tällaisia oikeusohjeita sisältyy erityisesti edellä mainitun ennakkopäätöksen lisäksi myös seksuaalirikosta koskevaan ratkaisuun KKO 2021:5. Tätä ilmiötä ja kehityssuuntaa on syytä arvioida tarkemmin. Seuraavassa se tapahtuu sijoittamalla ilmiö ensin prosessioikeuden historiaan, koska lainkäyttäjän harkintavallan rajoittaminen oikeussäännöillä kuului olennaisena osana pitkään traditiona vallinneeseen legaaliseen todistusteoriaan. Sen jälkeen arvioitavana on vapaan ja legaalisen todistusharkinnan asema oman aikamme todistusteoriassa.
Die Digitalisierung macht vor keinem Lebensbereich halt. Auch den Zivilprozess hat sie – befördert durch die COVID-19- Pandemie – fest im Griff. Allerdings konzentrieren sich die bisherigen Bemühungen, digitale Instrumente auch in zivilgerichtlichen Verfahren zum Einsatz zu bringen, in aller Regel auf rein inländische Verfahren. Grenzüberschreitende Verfahren, die Bezüge zum Ausland aufweisen, werden demgegenüber typischerweise ausgeblendet – und das, obwohl die Digitalisierung hier in besonderer Weise zu einer schnellen, kostengünstigen und ressourcenschonenden Streitbeilegung beitragen kann. Der Beitrag nimmt diesen Befund zum Anlass, um den Stand der Digitalisierung bei grenzüberschreitenden Zivilverfahren zu beleuchten und einen Blick auf zukünftige Entwicklungen zu werfen.
This article looks at the capacity of law of the sea scholarship to leverage change and evolution in international law. It first situates scholarship within Article 38(1)(d) of the Statute of the International Court of Justice and extends the discussion to introduce law of the sea scholarship as a community of practice. It considers the influence of scholarship on the law of the sea by illustrating 1) the direct and indirect entry points of law of the sea scholarship into the law of the sea, 2) the push-pull forces between scholarship and practice and 3) the contribution that law of the sea scholarship, as a community of practice, can make to the formation of international law. Overcoming the limitations of a law of the sea community of practice can enhance the capacity of legal scholarship to not only shape but to make international law.
Das BMJV hat bereits im April 2019 ein Eckpunktepapier mit Reformüberlegungen zum notariellen Nachlassverzeichnis vorgelegt. Auf der Herbsttagung der 93. Justizministerkonferenz mahnten Justizministerinnen und Justizminister einen Gesetzesvorschlag zur Reform der Pflichtteilsregulierung an. Führt die Reform zu mehr Verfahrensgerechtigkeit und Fairness in den zunehmenden Nachlassstreitigkeiten?
The Council of Europe has convened a rarely-held summit of heads of state and government on 16–17 May 2023 in Reykjavik, in order to protect its "common heritage" of respect for human rights, democracy and the rule of law. This article outlines the journey taken by the Council of Europe to this point - the three earlier summits in 1993, 1997 and 2005, the Protocols that wrought major changes in the functioning of the European Court of Human Rights, and the Interlaken process of reforming the court. It previews the likely agenda of the Reykjavik summit, focusing in particular on proposals to: ensure accountability for Russia’s aggression against Ukraine; improve states’ often lamentable implementation of judgments of the Court; update the European Convention on Human Rights by recognising environmental rights; and address the ongoing scourge of human rights abuses in the context of armed conflict and "grey zones". The article also discusses a question that will determine the success or otherwise of the reform agenda - the resources that states provide to the Council of Europe. It concludes with discussion of the Council of Europe’s aspiration to increase its visibility and impact, and broad recommendations for priorities for the summit and beyond.
The Western response to the Russian invasion of Ukraine has featured remarkable solidarity over diplomatic and sanctioning initiatives. This unity of action, however, has largely not extended to developing or non-Western States. Many such States have, instead, expressed their non-alignment in respect of Western "economic warfare', albeit not infrequently while also condemning Russia's military actions. This article proposes an approach to reconciling the positions of States in different economic, geopolitical and regional/cultural alignments. First, it suggests that current norms on State responsibility do not rule out using collective countermeasures against States accused of erga omnes norm violations, including via sanctions not authorised by the United Nations but rather imposed by coalitions. At the same time, however, it is argued that individual third-party States retain extensive rights to decide whether or not to participate in such initiatives. This autonomous agency can be derived, in part, through the continued applicability of traditional neutrality principles that require all sides to a conflict to respect the status of neutral States. As collective countermeasure initiatives come to be used more frequently in response to global conflicts, the "forgotten' rules of neutrality provide a useful guide for balancing inter-State legal relations.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat auch die Europäische Menschenrechtsarchitektur ins Wanken gebracht. Der Europarat reagierte schnell und beendete die Mitgliedschaft der Russischen Föderation. Aus diesem Anlass blickt der Beitrag zurück auf die wechselvolle Geschichte der Mitgliedschaft Russlands im Europarat. Seit dem Beitritt vor 26 Jahren haben Konfrontationen die – oftmals kurzen – Phasen der Kooperation überschattet. Das wirft die Frage auf, inwieweit die „Politik des Dialogs“ gegenüber der Russischen Föderation geeignet war, die Menschenrechtslage in Russland zu verbessern. Der Beitrag legt zudem die rechtlichen Grundlagen von Beitritt und Ende der Mitgliedschaft dar und untersucht, wie sich der Ausschluss auf die Anwendbarkeit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) auswirkt. Der Ausschluss Russlands stellt einen Wendepunkt dar. Zwar wird damit ein potenziell gefährlicher Präzedenzfall geschaffen. Jedoch entsteht durch die geschlossene Reaktion der restlichen Mitgliedstaaten auch ein Momentum für Reformen und eine Rückbesinnung auf das Gründungsziel des Europarates – die kollektive Durchsetzung der Menschenrechte.
Constitutional interpretation is usually assumed to be a particular kind of legislative interpretation – particular, because constitutions have characteristics of their own, yet legislative interpretation all the same, because constitutions are written laws enacted by a (supreme) political authority. This article argues that the legislative paradigm is ill-suited to constitutional interpretation, for it represents an encroachment of the ontology of legality on the realm of constitutionality. Making sense of an object as a constitutional norm presupposes the a priori category of the constitution, understood as a substantive category in its own right, as intimated in the tradition of liberal democratic constitutionalism. It is this presupposition that makes constitutional meaning possible and justifies considering constitutional interpretation as something peculiar to itself, seriously downplaying the significance of contingencies of form, language, structure, and history in constitutional argument.
Der im Grundgesetz für den Bundespräsidenten und die Mitglieder der Bundesregierung vorgesehene Amtseid wird zunehmend ohne die religiöse Beteuerung „so wahr mir Gott helfe“ geleistet. Der folgende Beitrag befasst sich mit der Bedeutung dieser Beteuerung sowie den möglichen Implikationen auf Inhalt und Bedeutung des Amtseides, wenn dieser ohne die bisherige oder eine inhaltlich vergleichbare Beteuerung geleistet wird. Dabei wird schließlich auch eine Erweiterung der Eidesformel im Wege der Verfassungsänderung erwogen.
Die Umweltkrise zwingt zur Debatte über das Freiheitsverständnis des Grundgesetzes. Mit dem Klimawandel nehmen nicht nur Extremwetterereignisse, Dürren und Hunger zu, sondern auch Gefahren für Demokratie und Frieden. Dass die Krise menschgemacht ist, bedeutet, dass Menschen ihre Freiheit bewusst oder unbewusst zu willkürlich, exzessiv und rücksichtslos gebraucht haben. Der Beitrag schlägt darum in Abkehr vom bisherigen Freiheitsdogma „tun und lassen, was man will“ eine alternative Interpretation des Art. 2 Abs. 1 GG vor. Erst wenn eine Grundpflicht für einen nachhaltigen Freiheitsgebrauch an die Seite des staatlichen Schutzauftrages gestellt wird, kann das Verfassungsrecht dem Ernst dieser Menschheitskrise gerecht werden.
The growth in the power of the executive branch of government has been accompanied by a related growth – heretofore unexplored in the literature on comparative constitutional law – of the role and importance of executive legal advisors. These influential but often secretive advisors can be the first – and sometimes the only – group to review the actions of the executive or legislative proposals before enactment, for compliance with the constitution. In this article, we compare this practice in four similar but somewhat distinct jurisdictions – the United Kingdom, Canada, the United States, and Ireland – to assess its impact on constitutionalism and the executive power. We conclude that the practice of constitutional review by executive lawyers is highly variable, changing between places and over time along four key axes that can either empower or constrain the executive to varying degrees. It can restrain executive action by holding it within constitutional boundaries; it can bolster the executive power by giving legalistic credibility to its actions while providing little restraint in practice; or it can create policy distortion by overly tightly binding executive and legislative action. Constitutional advice from executive legal advisors, then, does not operate as an exogenous constraint on executive power, but can be structured and manipulated by the executive to have various different effects. As such, we argue that this institution requires much more attention from both comparative constitutional lawyers and constitutional designers to map its effects on the constitutional order and to see what structures, processes, and cultural factors might shape it. Finally, we argue for increased transparency in the provision of executive constitutional advice, as without this, even understanding its effects is extremely difficult.
Since 2018, the radical right party Vox has been part of the political landscape in Spain. This the article analyzes Vox’s electoral manifesto and some important speeches of the party’s leaders, in order to address three main topics. First, the article explains how key themes of liberal constitutionalism feature in the narrative of the party. Second, the article analyzes the extent to which Vox’s policy proposals can be described as illiberal. Third, the article doctrinally assesses to what extent such proposals are compatible with the Spanish Constitution. Contributing to the literature on radical right parties and illiberalism, this article describes the main traits of Vox’s current political approach to constitutionalism. It is argued that these traits can be summarized in three main features: partisan use of constitutional rhetoric, constitutional double standards combined with selective constitutionalism, and unconstitutionality of core policy proposals.
Am 7.7.2022 hat der Deutsche Bundestag den 1. Untersuchungsausschuss und einen Tag später die erste Enquete-Kommission der 20. Wahlperiode eingesetzt. Beide befassen sich mit dem Auslandseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan. Hintergrund war jeweils der überhastete Abzug der Bundeswehr aus diesem Land im August 2021. Die Tatsache, dass der Bundestag zwei parlamentarische Gremien zu einem inhaltsähnlichen Thema zeitgleich und parallel einsetzt, entspricht keineswegs dem parlamentarischen Alltag. Das hat parlamentarisch-praktische Abgrenzungsfragen und Befürchtungen von Doppelarbeit wie aber auch juristische Fragen ausgelöst, denen der vorliegende Beitrag gewidmet ist.
Ende 2021 legte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die neue "Arbeitshilfe gleichstellungsorientierte Gesetzesfolgenabschätzung nach § 2GGO" vor. Sie unterstützt bei der Vorbereitung von Rechtsvorschriften und der gleichstellungsorientierten Gesetzesfolgenabschätzung. Der Beitrag stellt die neue deutsche Arbeitshilfe vor und vergleicht sie mit den Verfahren der geschlechterdifferenzierten Gesetzesfolgenabschätzungen in weiteren Staaten in Europa. Somit vermittelt der Beitrag einen praxisnahen Überblick und ein grundlegendes Verständnis über die in der deutschen und europäischen Rechtsetzung etablierten Verfahren zur geschlechterdifferenzierten Gesetzesfolgenabschätzung.
Die Istanbul-Konvention verpflichtet die Bundesrepublik zum effektiven und nachhaltigen Schutz von Frauen vor Gewalt und Bedrohung. Im föderalen System sind dabei alle staatlichen Ebenen adressiert. Aufgrund verfassungsrechtlicher Vorgaben hat der Bund nur eingeschränkte Regelungsmöglichkeiten. Gewaltschutz, insbesondere die Schaffung einer bedarfsgerechten und flächendeckenden Infrastruktur an Frauenhäusern, lässt sich dem örtlichen Wirkungskreis zuordnen. Damit die Kommunen diese Aufgabe verbindlich und nachhaltig wahrnehmen, muss sie als Pflichtaufgabe ausgestaltet werden. Dies liegt in der Verantwortung der Länder.
Die AfD unternimmt seit Jahren zahlreiche Anstrengungen im Präsidium des Deutschen Bundestages vertreten zu sein - wie alle anderen Fraktionen auch. Sämtliche diesbezügliche Bemühungen der AfD-Fraktion wurden jedoch in gemeinsamer ablehnender Beschlussfassung stets durch die anderen im Bundestag vertretenen Fraktionen erfolgreich verhindert. [---] Der folgende Beitrag stellt die freiheitlichen Demokratien bestehenden Grundsätze der parlamentarischen Chancengleichheit unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts dar und schließt mit einem Fazit.
Die Rechtsprechung des BVerfG zum Parteienfinanzierungsrecht ist kein Ruhmesblatt. Vom ursprünglich behaupteten verfassungsrechtlichen Verbot einer staatlichen Teilfinanzierung der politischen Parteien hat sich das Gericht zwar schon 1992 verabschiedet, es damals aber noch für erforderlich gehalten, seinen eigenen Meinungswandel zum Inhalt der Verfassung durch die Erfindung einer weiteren verfassungsrechtlichen Vorgabe abzufedern, der sogenannten absoluten Obergrenze. Das jüngste Urteil zur Parteienfinanzierung bot die Gelegenheit, diese Erfindung aufzugeben oder jedenfalls in ihrer Begrenzungswirkung auf ein angemessenes Maß zurückzuführen. Diese Gelegenheit hat der Zweite Senat verpasst. Tragfähige Gründe dafür gibt es nicht, lediglich ein auf die Stellung des Gerichts selbst bezogenes Motiv: Nicht der Gesetzgeber soll über die Höhe der staatlichen Mittel für Parteien entscheiden dürfen, sondern die Mitglieder des Zweiten Senats. Die Entscheidung über den Kontrollmaßstab ist also für die Verfassungsrichter eine Entscheidung in eigener Sache. Kontrolliert wird aber nicht nur das Ergebnis des Gesetzgebers, sondern auch seine Begründung. Und so wurde ein Gesetz für nichtig erklärt, obwohl die darin angeordnete Erhöhung der staatlichen Mittel für die Parteien auch nach den Feststellungen des Zweiten Senats dem Grunde und wahrscheinlich auch dem Umfang nach nicht zu beanstanden war, den Richtern aber die Begründung nicht intensiv genug war. Das verdient neben einer näheren Analyse vor allen Dingen klarer Kritik.
Der Beitrag untersucht die Thematik, ob antisemitische Werke unter den Kunstbegriff des Art. 5 III GG fallen. Eine historische und historisch-teleologische Betrachtung zeigt, dass antisemitische Werke keine Kunst im Sinne von Art. 5 III GG darstellen. Die gegenteilige Ansicht ist abzulehnen.
Die Bedeutung von Zahlen und Quantifizierungen im Recht geht weit über ihre Verwendung in Rechtssätzen und ihre Ableitung durch die Rechtsprechung hinaus, sondern signalisiert vielfach einen neuartigen Rechtsetzungsmodus. Besonders deutlich wird dies beim Zusammentreffen von Zielvorgaben und Zahlenangaben. Entgegen dem ersten Anschein ist diese Kombination rechtlich nicht unproblematisch, wie am Beispiel des Klimaschutzbeschlusses des Bundesverfassungsgerichts gezeigt wird. Zu beklagen sind sowohl Einbußen rechtsstaatlicher und demokratischer Kontrolle als auch die Anpassung an vermeintlich objektive Daten und wirtschaftliche oder wissenschaftliche Logiken einerseits und das Risiko utopischer Rechtsetzung andererseits. Der Beitrag versucht, den Anschluss an die internationale, insbesondere französische Diskussion um „gouvernance par les nombres“ zu finden.
Der Vorschlag, das grundgesetzliche Diskriminierungsverbot um die Kategorie des Alters zu ergänzen, erweist sich als problematisch. Das Alter fügt sich nicht stimmig in den Kanon der von Art. 3 III GG geschützten Kategorien ein. Eine Verfassungsänderung könnte Kollateralschäden nach sich ziehen und würde die Hoffnungen, die in sie gesetzt werden, enttäuschen.
Der Vorschlag des Europäischen Parlaments für ein neues Wahlrecht
Das Europäische Parlament hat am 3.5.2022 auf der Grundlage von Art. 223 Abs. 1 UA 1 AEUV eine legislative Entschließung für ein neues europäisches Wahlrecht erlassen. Neben der Einführung transnationaler Listen soll auch die Ausgestaltung des Wahlrechts reformiert werden. Kernregelung ist Art. 10 der vorgeschlagenen Verordnung, der die innovativen Kriterien „Geschlechtergerechtigkeit“ und „Vielfalt“ für die parteiinterne Kandidatenauswahl einführt und daher ein noch vage formuliertes neues demokratisches Leitbild der Europäischen Union impliziert. Dieses ist jedoch weder mit dem im Unionsrecht geregelten Grundsatz der freien Wahl noch mit dem von Art. 79 Abs. 3 GG geschützten Kerngehalt des Demokratieprinzips vereinbar.
Dem sachkundigen Dritten kommt im Verfassungsprozess eine bedeutsame, wahrscheinlich mitunter prozessentscheidende Stellung zu. Durch die besondere Relevanz, die Tatsachenerhebungen im Verfassungsprozess zukommt, erhalten sachkundige Dritte einen gewichtigen Einfluss auf die Entscheidungen des Gerichts. Damit die Autorität des Gerichts nicht gefährdet wird, bedarf es eines transparenten Umgangs mit Wahl und Berücksichtigung dieses Beweismittels. Der folgende Beitrag soll auf den sachkundigen Dritten aufmerksam machen und dem Leser dessen einflussreiche Stellung veranschaulichen.
Thus far, research into reservations to treaties has often overlooked reservations formulated to both European Social Charters (and its Protocols) and the relevant European Committee of Social Rights practices. There are several pressing reasons to further explore this gap in existing literature. First, an analysis of practices within the European Social Charters (and Protocols) will provide a fuller picture of the reservations and responses of treaty bodies. Second, in the context of previous landmark events it is worth noting the practices of another human rights treaty monitoring body that is often omitted from analyses. Third, the very fact that the formulation of reservations to treaties gives parties such far-reaching flexibility to shape their contractual obligations (à la carte) is surprising. An important outcome of the research is the finding that, despite the far-reaching flexibility present in the treaties analysed, both the States Parties and the European Committee of Social Rights generally treat them as conventional treaties to which the general rules on reservations apply. Consequently, there is no basis for assuming that the mere fact of adopting the à la carte system in a treaty with no reservation clause implies a formal prohibition of reservations or otherwise discourages their formulation.
Die Finanzlage der Sozialen Pflegeversicherung ist angespannt. Deshalb steht der politische Vorschlag im Raum, die Private Pflegeversicherung zu einem finanziellen Ausgleich mit der Sozialen Pflegeversicherung zu verpflichten. Das Vorhaben ruft die Maßstäbe der Finanzverfassung auf den Plan, deren Anlegung zu einem eindeutigen Ergebnis führt. Finanzielle Solidarität findet ihr Maß und ihre Grenzen in rechtlich strukturierten Gemeinschaften.
Das deutsche Alterssicherungssystem soll in der laufenden Legislaturperiode reformiert werden. Hierzu hat auch der Deutsche Juristentag Vorschläge unterbreitet. Vor diesem Hintergrund werden Optionen zur Fortentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung sowie der privaten Altersvorsorge erörtert.
Der EuGH und das BVerfG haben zur Beschränkung des Kindergeldanspruchs für Unionsbürger oder Unionsbürgerinnen bzw. geflüchtete Eltern im Sommer 2022 entschieden und diese als gleichheitswidrig bewertet. In den Entscheidungen werden die gleichheitsrechtlichen Grenzen der rechtlichen Differenzierungs- und Typisierungsbefugnis der Gesetzgebung bei Begünstigungen im Sozial- und Steuerrecht konturiert. Daher werden diese Entscheidungen dargestellt und hinsichtlich der gleichheitsrechtlichen Anforderungen an die sozialstaatliche Leistungsgesetzgebung analysiert. In einem Exkurs werden die Wertungen zum menschenwürdigen Existenzminimum aus der aktuellen Entscheidung zum Asylbewerberleistungsgesetz im Kontext von Sammelunterkünften ergänzend herangezogen.
In a 2003 Supreme Court judgment, Lord Hoffmann argued that in the absence of a guaranteed minimum standard of living, many other rights are reduced to ‘a mockery’. Given research findings that 2.4 million UK residents experienced destitution in 2019, this article considers whether a social floor exists in law and the implications of its absence or weakness for the standard of human rights protection in the UK. The common law, social rights treaties and the European Convention on Human Rights can each play a role in identifying a minimum standard of living, but with variable precision, generosity and enforceability – and subject to the sovereign legislature setting its own social floor, including one that may render people destitute. With an analysis of the case law revealing clear weaknesses in protection against destitution, the authors argue that a specific statutory duty is required to address this failure of rights protection.
Die Frage nach der Verantwortlichkeit für Natureinflüsse stellt sich im Rahmen der actio negatoria (§ 1004 BGB) und der polizeirechtlichen Zustandshaftung gleichermaßen. Diese lassen sich in rechtlicher Hinsicht unterschiedlich qualifizieren: als Beeinträchtigung des Eigentums, aus der sich ein negatorischer Anspruch aus § 1004 BGB gegen den Störer ergeben kann, oder als Gefahr, welche die Ordnungsbehörde zum Einschreiten berechtigt. Im erstgenannten Fall sollen private und damit gleichrangige Interessen in einen Ausgleich gebracht werden. Im zweiten handelt der Staat hoheitlich zur Abwehr drohender Gefahren für die Allgemeinheit. Die einschlägige zivilgerichtliche Judikatur befasst sich mit Wollläusen, Froschlärm, Mehltau, Kiefernnadeln und Birkenpollen, während Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen seit den Tagen des PrOVG Krähen, Felsstürze, ein Tagesbruch, Tauben und Eichenprozessionsspinner sind. Obwohl die zugrunde liegenden Rechtsgebiete unterschiedlichen Zwecken dienen - hier dem Ausgleich nachbarlicher Interessen, dort der effektiven Gefahrenabwehr -, ist beiden Rechtsgebieten und den vorgenannten Fällen die Frage nach der rechtlichen Verantwortlichkeit für eine Gefahrenquelle gemeinsam. Allerdings schenkt nach wie vor das gefahrenabwehrrechtliche Schrifttum § 1004 BGB wenig Aufmerksamkeit, ebenso bildet in der zivilrechtlichen Literatur die Beschäftigung mit dem hoheitlichen Störerrecht die Ausnahme. Daher untersucht der Beitrag anhand neuerer zivil- und verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen zur Zurechnung von Natureinflüssen die Haftungskonzeptionen des Zivilrechts und des öffentlichen Rechts auf mögliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Hierbei ist von besonderem Interesse, ob die in der Zivilrechtswissenschaft entwickelte Kausallehre, die die Verantwortlichkeit in diesen Fällen an die Verletzung einer Sicherungspflicht knüpft, auch im öffentlichen Recht Anwendung finden kann. Mit Hilfe der gewonnenen Erkenntnisse erfolgt sodann eine Analyse der vorgenannten Rechtsprechung (V.), bevor schließlich rechtsgebietsübergreifende Haftungsgrundsätze herausgearbeitet werden.
Künstliche Intelligenz (KI) mit Autonomie und Opazität führt zu einem Anpassungsbedarf im Zivilrecht. Zwei Richtlinienvorschläge der Europäischen Kommission zielen darauf ab, das Haftungs- und das Produkthaftungsrecht an die Herausforderungen von KI anzupassen. Beide Vorschläge gewähren dem Geschädigten einen Auskunftsanspruch und eine Beweiserleichterung in Form von widerlegbaren Vermutungen.
We analyse the legal and economic background and implications of the destandardisation of digital contracts, with a focus on consumer protection and overall efficiency. We argue that firms can exploit destandardisation paired with asymmetric information to extract rents. We propose the introduction of a numerus clausus principle in the digital licensing realm (a limit to the contractual freedom of parties to create proprietary rights) as a way of reducing rent extraction by firms and increasing consumer surplus. With a simple economic model, we account for the tradeoff between the benefit from reduced market power and the social cost of legally enforced standardisation, and show that some degree of enforced standardisation can be optimal.
Mit Wirkung zum 1.1.2022 traten als „Schuldrechtsreform 2022“ zahlreiche Änderungen im BGB in Kraft. Auch wenn die jüngsten Neuerungen tatsächlich nicht die Bedeutung der Schuldrechtsreform aus dem Jahr 2002 aufweisen, ändert dies nichts an der eminenten Relevanz jener: Mit ihnen haben erstmals in großem Umfang Regelungen spezifisch für „digitale“ Sachverhalte Eingang ins BGB gefunden. Gerade angesichts des europarechtlichen Hintergrunds verwundert es nicht, dass die dadurch aufgeworfenen Fragen noch nicht abschließend erkannt, diskutiert oder gar weitgehend konsensual beantwortet worden sind. Der Beitrag soll hierzu einen Baustein beitragen.
Das „Recht auf Reparatur“ soll Verbrauchern einen nachhaltigen Konsum ermöglichen. Im Fokus stehen dabei die Hersteller, die stärker als bislang in die Verantwortung für die Nachhaltigkeit ihrer Produkte genommen werden sollen. Neben der Schaffung von Herstellerpflichten ist jedoch auch ein Wettbewerb auf dem Sekundärmarkt notwendig, um eine Reparaturkultur zu etablieren.
Traditionell differenziert das deutsche System zwischen natürlichen Personen, juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften. Gerade der Unterschied zwischen juristischer Person und rechtsfähiger Personengesellschaft ist jedoch – spätestens mit Inkrafttreten des MoPeG – überholt. Außerdem zeigen u. a. die Vorgesellschaft und der Nasciturus, dass es auch außerhalb dieser drei Gruppen Rechtsfähigkeit geben kann. Der folgende Beitrag zeigt auf, dass es keine „Rechtsfähigkeit zweiter Klasse“ gibt, sondern allein eine Kategorisierung in Rechtsobjekt und Rechtssubjekt überzeugt. Darüber hinaus wird der Frage nachgegangen, mit welchen Kriterien eine Trennlinie gezogen werden kann, um problematischen Fällen wie der Rechtsfähigkeit der wirtschaftlichen Einheit des Wettbewerbsrechts oder auch den jüngst verstärkt in den Fokus rückenden Rechten der Natur überzeugend gegenübertreten zu können.
Traditionally, the German legal system differentiates between natural persons, legal persons as in corporate entities, and partnerships with legal capacities. However, with major changes in jurisdiction, this categorisation does not reflect current legal practice any more. Once the upcoming reform of partnership-law comes into force, it will be completely without merit. Furthermore, the judicial handling of pre-companies and unborn children shows that there is legal capacity outside these three groups. Correspondently, this paper will demonstrate that there is no such thing as “second class legal capacity” but only legal capacity as such. On top of that, criteria will be introduced on how to classify problematic constellations such as competition law’s economic single entity or the rights of nature-debate.
Zusammenfassung Anlässlich des 50-jährigen Geburtstages der ZGR unternimmt der vorliegende Beitrag eine Standortbestimmung des Gesellschaftsrechts als akademischer Disziplin. Er legt zunächst dar, dass die Gesellschaftsrechtswissenschaft nach Jahrzehnten wissenschaftlicher Blüte in eine Phase der Ausreifung eingetreten ist („saturiertes Gesellschaftsrecht“). Sodann beschäftigt er sich mit der immer häufigeren Indienstnahme des vermeintlich unpolitischen Organisationsrechts für politische Zwecke („transformatives Gesellschaftsrecht“). Schließlich lenkt er den Blick auf neue Assoziationsformen, die Gewinnerzielung und Gemeinwohlorientierung miteinander verbinden („pluralistisches Gesellschaftsrecht“).
On the occasion of the 50 th anniversary of the ZGR, this article takes stock of company law as an academic discipline. It first explains that company law has entered a phase of maturation after decades of flourishing (“saturated corporate law”). It then looks at the increasingly frequent use of supposedly apolitical organisational law for political goals (“transformative corporate law”). Finally, it directs attention to new forms of association that combine profit-making with a focus on the common good (“pluralistic corporate law”).
Debtholder stewardship refers to the involvement of corporate creditors in a firm's governance framework with the aim of improving corporate decision-making. This article develops the theory of debtholder stewardship by identifying the mechanisms of debtholder influence, assessing their effectiveness in modern capital markets, and outlining the implications of this analysis for investor stewardship and regulatory efforts to support it. The impetus of this study is the expansion of the UK Stewardship Code across a broader range of asset classes, stewardship activities, and topics. The code has moved away from the traditional focus on shareholders by adding investors in other assets to the list of the stewards of corporate activities. Also, the revised concept of stewardship covers broader topics, including environmental, social, and governance (ESG) factors. But our understanding of debtholder stewardship, especially on sustainability matters, is inadequate. This article explains whether corporate creditors, both public and private, can promote responsible business practices through the stewardship of borrowers.
In this paper we provide an empirical analysis of German casino locations. Due to the “mercantilistic background” of casinos, we assume that casinos are more likely to be found at borders and in tourist areas. Even though location decisions have been made in the past, we use cross-sectional data at county level to analyze whether the current locations of casinos are consistent with present-day policy objectives. We discuss whether fiscal incentives and/or regulatory objectives to prevent harmful gambling are relevant for today's locations of German casinos. For our empirical analysis we use location and tourism indicators which are both significant factors for the location of German casinos. We find that the likelihood of a casino location increases if a county is located at a state border. We conjecture that border locations are chosen to share negative externalities of gambling with neighboring states while attracting revenues from out-of-state gamblers. This can be viewed as a type of beggar-thy-neighbor policy, which is inconsistent, however, with the objectives of the State Treaty, which is to provide legal gambling opportunities for the population within the state. For better implementation of the objectives, a more balanced distribution of casinos throughout the urbanized regions in Germany is recommended.
This article engages with a fundamental, but under-theorised, fact: that modern UK and US corporate restructuring plans frequently impair only selected creditors, and frequently treat impaired creditors of equal rank differently. It starts from the premise that selectivity and differential treatment, while often justifiable, raise normative questions about the boundaries within which they ought to be permitted. It then reviews selective and differential strategies in three UK restructuring procedures, using US chapter 11 as a comparator. The core contention is that selectivity and differentiation are best regulated by the threat of independent review against a menu of relevant criteria. A menu of criteria is developed, designed to distinguish legitimate and illegitimate uses of selective and/or differential strategies, and these criteria are mapped onto the various UK restructuring law procedures and US chapter 11. The article concludes with some limited suggestions for reform directed mainly at the UK company voluntary arrangement.
Das vereinsrechtliche Verbot und die Auflösung von Gesellschaften durch Verwaltungsbehörden haben bislang wenig Aufmerksamkeit gefunden. Aufgrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine könnte sich dies ändern. Das Bundesinnenministerium hat mehrere Vereinigungen wegen der Finanzierung sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtender Organisationen verboten, zuletzt auch eine GmbH. Liegt in der Finanzierung eines Angriffskrieges eine sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtende Tätigkeit, wären insbesondere mit dem Aggressor verbundene Kapitalgesellschaften zu verbieten bzw. aufzulösen, es stellt sich aber auch die Frage eines Ermessens der Behörden. Leisten Unternehmen Zahlungen, die einen Angriffskrieg finanzieren, ist dies auch gesellschaftsrechtlich von Belang. Einzugehen ist neben der Auflösung auf die Pflichten der Geschäftsleiter, aber auch die Rolle von Kontroll- und Gesellschafterorganen.
The prohibition of corporations by government agencies as well as their dissolution under the law of associations has received little attention so far. The Russian war of aggression in Ukraine could change this. The Federal Ministry of Interior has banned several associations for funding organizations directed against the concept of international understanding, including recently a limited liability company. If funding a war of aggression is an activity directed against the concept of international understanding, particularly corporations affiliated with the state waging a war of aggression would face prohibition or dissolution. In general, prohibiting or dissolving a corporation may be subject to the discretion of the relevant administrative body. Making payments that finance a war of aggression is also of relevance from a company law perspective. Besides the dissolution of corporations, this article will consider in this context directors’ duties as well as the role of the supervisory board and the shareholders’ meeting.
Dieser Aufsatz untersucht die Anwendung des deutschen Rechts auf neue dezentrale Unternehmensformen, wie sie als „DAO“ oder im Metaverse anzutreffen sind, und erarbeitet Vorschläge de lege ferenda zur Schaffung einer neuen Gesellschaftsform für dezentral organisierte Unternehmen. Die Anwendung des deutschen Gesellschaftsrechts führt zur Qualifikation als GbR oder nicht eingetragener Verein. Dabei qualifizieren nur Gründer-Entwickler sowie die ‚nodes“ als Mitglied bzw. Gesellschafter. Indirekte Partizipation über Wallets genügt nicht. Eine de lege ferenda zu schaffende Rechtsform muss den konkreten Dezentralisierungsgrad der Einflussmöglichkeiten berücksichtigen, wobei eine vollständige Dezentralisierung ein Mythos ist. Eine Rechtsform könnte daher nach Art einer KG gestaltet sein, mit den Gründer-Entwicklern und anderen Personen mit Code-Zugriff als Komplementären und nur-Nodes als Kommanditisten. Zugleich wird gezeigt, dass einer Ordnung dieser innovativen Unternehmensformen über das Gesellschaftsrecht die Alternative einer funktionsbezogenen Ordnung über das Vertrags- und Deliktsrecht gegenübersteht.
This article analyzes how digital technologies impact on the legal set-up of enterprises, resulting in innovative business forms such as decentralized autonomous organizations, the Metaverse, decentralized exchanges and other types of decentralized finance. It further examines how existing German company and partnership law applies to these innovative business forms, and how a future law tailor-made for these innovative business forms must look like. The article argues that the purpose of the enterprise is running the distributed ledger with its associated services. From that perspective, either the German partnership law or the law on unregistered associations may apply. Merely persons functioning as, or running a node in the distributed ledger, qualify as shareholders; in particular, indirect participation through wallets is insufficient to quality the respective ‘holder’ of the digital asset as shareholder. Parliament, when drafting a tailor-made legal form for these innovative types of business, must consider the degree of decentralization present in any given enterprise and/or organization of code development and maintenance. Given that in most cases, full decentralization is a myth, any law shall put the onus for code maintenance on those holding legal or factual modes of control over the code applied, while the mere nodes not involved in code development and maintenance shall be granted limited liability. All in all, a tailor-made law for these innovative business forms may look not too far apart from the law applicable to limited partnerships, with the developers as general partners, and the nodes as limited partners. However, the article also stresses that a legal ordering of these innovative business forms through contract law and the law of torts may also achieve acceptable outcomes, given the diversity of enterprises and networks present to date.
Zusammenfassung Großunternehmen spielen bei der Eindämmung der Auswirkungen des Klimawandels eine entscheidende Rolle. Daher bezieht auch das Gesellschaftsrecht zunehmend Nachhaltigkeitsbelange mit ein. Nachdem dieser Trend zuletzt vor allem durch ein Fortschreiten der Nachhaltigkeitsberichterstattung und der Climate Litigation zu beobachten war, avanciert inzwischen die Unternehmensorganisation zu einer „nachhaltigen Corporate Governance“. Der Beitrag untersucht die dahingehenden legislativen Entwicklungen, die in diesem Jahr durch den Entwurf einer Corporate Sustainability Due Diligence Directive und die reformierte Fassung des Deutschen Corporate Governance Kodex an Fahrt aufgenommen haben. Wir zeigen, dass Nachhaltigkeitsbelange sich nunmehr auf allen Ebenen der Gesellschaft manifestieren.
Large corporations play a decisive role in the battle against the impacts of climate change – and given its acuteness, their contribution is crucial. Consequently, sustainability has become one of the most discussed topics in corporate law. Following recent trends in climate reporting and climate litigation, we are now moving towards a “sustainable corporate governance”. This article sheds light on the steps which EU and German corporate law are taking in this direction, namely through this year’s Corporate Sustainability Due Diligence Directive proposal and through a reform of the German Corporate Governance Code. We show that ESG matters are now manifesting on all levels of the corporation. In the future, we expect to see an increasing number of shareholder suits against directors, a shift towards climate-sensitive executive pay, and a rise of shareholder activism (“say on climate”).
Die negative Legitimationswirkung der Gesellschafterliste und ihre Anwendung auf Fälle der Zwangseinziehung war in jüngerer Vergangenheit mehrfach Gegenstand wegweisender BGH-Judikatur. Die betreffenden Entscheidungen bewegen sich im Spannungsfeld zwischen dem Streben nach Rechtsklarheit über die Beteiligungsverhältnisse, den Eigentumsinteressen des von der Gesellschafterliste gelöschten Gesellschafters und der unternehmerischen Freiheit der verbleibenden Gesellschafter. Der vorliegende Beitrag beleuchtet die verfassungsrechtliche Dimension der Problemstellung und schlägt einen Interessenausgleich über das Institut der mitgliedschaftlichen Treuepflicht vor.
The exclusionary effect of the list of shareholders and its application to cases of forced cancellation of shares has been the subject of several landmark rulings by the Federal Court of Justice in the recent past. The decisions concern the desire for legal clarity regarding the shareholder structure of the company, the property interests of the shareholder deleted from the list of shareholders as well as the entrepreneurial freedom of the remaining shareholders. This article examines the constitutional aspects of this legal issue and proposes a reconciliation of interests through the principle of loyalty under corporate law.
This article assesses developments in the theory and practice of jury service in England and Wales between the two world wars. It argues that this was a transformative period in the English jury’s history, in which both public and administrative understandings of the system shifted away from a model predicated primarily on the possession of landed property of a certain value, and towards a model built around developing notions of citizenship. This was more generally a period in which understandings of citizenship, as distinct from mere subjecthood, were also developing. The article argues that developments in citizenship generally, and in the practicalities of jury service more specifically, are intimately connected. By analysing the interwar jury as a citizenship institution, we deepen our understanding both of citizenship practices and of the jury during this important period in the shift towards something approaching democratic forms of governance.
This article examines the development of criminal law, policy, and also the legislation of the Irish Parliament in the seventeenth century. In particular it questions how important matters pertaining to crime were to Members of Parliament and members of the government, and whether this had any material effect on the development of the corpus of criminal law in early modern Ireland. It also questions what role criminal law might have played in the colonizing process, whether in practice or in theory, as such asking to what extent criminal law and the notion of crime in society might or might not have been weaponized in a crusading, civilizing mission in Ireland.
How did early-modern lawyers learn about the law and practice of courts which were under-served in printed legal literature? This article investigates this question through an examination of the dissemination of professional knowledge about the court of Star Chamber. It considers the role of the readings in the Inns of Court, as well as the extensive circulation of manuscript treatises about the court and law reports of cases heard in the court.
Täisteksti saab lugeda siit.
Täisteksti saab lugeda siit.
Much political conflict in the world revolves around the issue of how much freedom to accord people. Liberal democracies are characterized by, e.g., the rule of law and a strong protection of civil rights, giving individuals a great deal of legally guaranteed freedom to lead their lives as they see fit. However, it is not known whether legal freedom suffices to make people satisfied with freedom. Our study explores that issue by relating seven indicators of legal freedom to the satisfaction people express with their freedom of choice. Using a sample of 133 countries over the period 2008–2018, and taking a panel-data approach, we find no robust baseline relationship. However, when exploring conditional associations by interacting the indicators with social trust, the rule of law is positively and increasingly related to satisfaction with freedom above and below a threshold level. Freedom of assembly is more positive for satisfaction with freedom the higher the GDP per capita and in democracies. Thus, for some types of legal freedom, formal legal institutions are complementary with culture, income and the political system in generating satisfaction with freedom.
This article critiques two commonly discussed ways of understanding the distinction between direct and indirect discrimination. On the first, direct discrimination is intentional, whereas indirect discrimination is unintentional. On the second, direct discrimination applies where the discriminator (D) singles out the complainant (C) for differential treatment on the basis that C possesses a protected characteristic. By contrast, indirect discrimination applies where D acts on a provision or criterion that is neutral on its face (ie makes no reference to a protected characteristic). The article then offers an alternative understanding of the distinction, whereby direct discrimination occurs where D treats C adversely, and regards C's possession of a protected characteristic as a factor in favour of according that treatment. By contrast, indirect discrimination occurs where D instead acts in a way that disproportionately disadvantages members of a group, to which C belongs, distinguished by the members’ possession of a protected characteristic.
This article addresses the question whether a legal system can have an identity through time. The jurisprudential debate over the question has been dominated by Hans Kelsen's account of systemic unity of norms, on the one hand, and John Finnis's and Joseph Raz's accounts of the identity of a social system (for example a state) of which a legal system is a part, on the other. Drawing on two previously unexplored situations as test cases for successful explanation, the article demonstrates that the major existing accounts are not wholly satisfactory. A new solution is proposed: it is the practice of legal officials that evinces the criteria for recognising the continuity of the legal system whose officials they are. The article develops an account of the practice's central features and demonstrates that the account supplies coherent solutions to the test cases.